Welche immensen Auswirkungen die Covid-19-Pandemie mit sich bringt, ist mittlerweile allen bewusst. Das Virus verlangt uns einiges ab. Hunderttausende Erkrankte, Umweltschäden, eine geschwächte Wirtschaft, die erhöhte Arbeitslosenrate und, und, und… Die Liste der Probleme ist offensichtlich lang und unsere Politik hat sie irgendwie zu bewältigen, das hoffen und erwarten wir zumindest. Wie funktioniert aber politisches Handeln in einer solchen Krise? An welche Faktoren ist es gebunden? Und wie steht die Bewältigung der Corona-Krise mit der Bewältigung der Klimakrise in Verbindung?
Politisches Handeln in der Corona-Krise
Dass die Corona-Krise die Politiker*innen weltweit vor riesige Herausforderungen stellt, steht außer Frage. Die Krise brach so richtig im Januar 2020 aus, womöglich infizierten sich die ersten Personen allerdings schon früher. Auf China folgte die Betroffenheit der ganzen Welt, am 30. Januar rief die WHO den Gesundheitsnotstand aus.1 Die meisten Staaten reagierten allerdings erst als das Virus auch ihre Bevölkerung erreicht hatte und die Fallzahlen in die Höhe gingen. Der weitere Verlauf ist uns allen bekannt. Es folgen Monate des absoluten Stillstands. In Deutschland trat der erste Lockdown Ende März ein.2 Die Politik ergriff immer mehr drastische Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. (Alle Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland findest du hier). Zur Bewältigung der Krise wurden und werden sämtliche „Nebenwirkungen“, zum Beispiel in der Wirtschaft, in Kauf genommen. Stattdessen bringt die Regierung zahlreiche Gesetze auf den Weg und setzt hohe Milliardenbeträge ein, um die Wirtschaft zu stützen.3 Während der Corona-Pandemie steht die Regierung unter immensem Zeitdruck, schnelles Handeln ist gefordert. In weniger als einem Jahr wurde das Virus in seinen Bestandteilen erforscht und ergründet und ein Impfstoff entwickelt, wenn auch die Impfstrategie in den verschiedenen Ländern unterschiedlich ist, und somit einige Länder schneller vorankommen als andere.4 Eines ist dennoch klar: Im Kampf gegen die Corona-Pandemie wird schnell gehandelt, die Situation wird immer wieder neu bewertet und zur Not folgen meist drastische Maßnahmen.
Politisches Handeln in der Klimakrise
Den Problemen der Klimakrise begegnen wir nicht erst seit gestern – und trotzdem wird der Politik immer wieder vorgeworfen, nichts dagegen zu unternehmen. Wo bleiben drastische Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes? Werden Zielsetzungen wie das 1,5-Grad-Ziel überhaupt angestrebt und eingehalten? Wann folgen endlich Taten auf endlose Debatten? Der Nachdruck aus der Bevölkerung, vor allem von Kritiker*innen und Klimaaktivist*innen ist vorhanden, dennoch scheint nichts zu passieren. Erst im Januar dieses Jahres trafen sich Staaten beim virtuellen One Planet Summit, um Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise zu treffen, ohne wirkliche Ergebnisse (Tipp: Schau doch mal bei unserem Blog-Beitrag zum One Planet Summit vorbei, dort erfährst du, was besprochen wurde). Greta Thunberg warf den Politiker*innen „leeres Gerede“ vor 5, bis jetzt liegt sie damit wohl richtig. Politiker*innen weltweit zerreden die Problematik der Klimakrise, aber schaffen es nicht zu handeln.
Warum unterscheidet sich das politische Handeln bei beiden Krisen?
Wenn wir in der Corona-Krise schnell und bestimmt handeln können, warum dann nicht auch in der Klimakrise? Politisches Handeln hängt immer von verschiedenen Faktoren ab. Die Politik steht täglich vor vielen verschiedenen Themen und muss entscheiden, welche für sie und die Bevölkerung Priorität haben. Meist spielen bei dieser Entscheidung die Faktoren Zeit, Dringlichkeit, Komplexität, Medienpräsenz und die öffentliche Meinung eine wichtige Rolle. Während der Covid-19-Pandemie ist vor allem der Zeitfaktor ein riesiges Problem. Die Zahlen schnellten gleich zu Beginn in kürzester Zeit in die Höhe, jeden Tag konnte eine negative Entwicklung festgestellt werden. Dass die Politik in diesem Fall gezwungen ist zu handeln, ist nur logisch.
Bei der Problematik der Klimakrise hingegen sind wir nicht täglich mit neuen drastischen Veränderungen konfrontiert, was nicht bedeutet, dass es diese nicht gibt, die Bewältigung der Klimakrise ist natürlich mehr als dringlich. Wir sprechen hierbei, im Vergleich zur Corona-Krise, aber eher von langfristiger Veränderung. Genau hier liegt das Problem, das erweckt nämlich den Anschein Zeit zu haben, mindert vermeintlich die Dringlichkeit des Problems und bietet der Politik Freiraum für Ausreden.6 Auch die Medien haben Einfluss auf die Politik. Sie spiegeln, wie auch Demonstrationen, Druck aus der Bevölkerung wider. Die Corona-Krise lässt in den Medien kaum Platz für andere Themen. Auf allen Ebenen – lokal, national und global – wird über die täglichen Änderungen der Fallzahlen, politische Entscheidungen, sämtliche Auswirkungen und neue Erkenntnisse über das Virus berichtet. Während der Klimakrise hingegen schaffen es auch andere Themen in die Medien. Zwar brachte beispielsweise die Fridays-for-Future-Bewegung endlich mehr Aufmerksamkeit für die Klimaproblematik, dennoch bewirkt sie eben nicht tägliche Berichterstattung.7
Ein weiterer Faktor, der die Problembehandlung beeinflusst, ist die Komplexität der Krise. Je komplexer das Problem in Ursache, Wirkung und schlussendlich den nötigen Gegenmaßnahmen ist, desto eher wird es aufgeschoben. Das Virus Sars-CoV-2 ist keineswegs einfach. Dennoch kennt man den Mechanismus hinter einer solchen Infektion und kann daher auch relativ schnell Maßnahmen ergreifen, die im besten Fall auch schnell eine Wirkung haben. Die Klimakrise hingegen hat viele unterschiedliche Facetten: Zwar ist der menschengemachte Klimawandel wissenschaftlich erwiesen 8, es gibt allerdings viele verschiedene Erscheinungsformen, wie beispielsweise die Versauerung der Meere, das Austrocknen von Wäldern oder das Auftauen von Permafrostböden, und damit auch viele Ansatzpunkte, um diesem entgegen zu wirken. Außerdem fehlt der sofort spürbare Effekt. So wie die Folgen der Klimakrise langfristig zu betrachten sind, ist auch der Kampf dagegen auf längere Sicht zu sehen. Wenn heute weniger CO2 ausgestoßen wird, sieht man nicht direkt morgen eine Veränderung. Spüren wir Menschen nicht sofort einen positiven Effekt, neigen viele dazu, die Wirksamkeit der Maßnahmen in Frage zu stellen.6 Das große Problem: Die Klimakrise verschwindet nicht, nur weil sie in der Politik für gerade nicht so dringlich und relevant erklärt wird.9
Was sollten wir aus der Corona-Krise für den Umgang mit der Klimakrise mitnehmen?
Auch wenn die Corona-Pandemie unendlich viele Schäden mit sich gebracht hat, immer noch mit sich bringt und wir sicherlich auf eine solche globale Katastrophe hätten verzichten können, können und sollten wir doch einiges aus der Situation lernen. Möglicherweise stellt das Virus eine Art Weckruf für Bevölkerung und Politik dar. Wir können nicht länger wegsehen – und vor allem muss schnell gehandelt werden. Während der Corona-Krise wurden präventive Maßnahmen von den meisten Ländern versäumt. Es wurde gewartet bis das Virus auch im eigenen Land drastische Ausmaße angenommen hatte. Um der Erderwärmung und sämtlichen Umweltschäden gänzlich vorzubeugen, ist es leider auch schon zu spät. Dennoch lassen sich noch schlimmere Folgen eindämmen, wenn frühzeitig und präventiv gehandelt wird. Und vor allem, wenn tatsächlich gehandelt wird!
In der Corona-Krise mussten aufgrund des Zeitdrucks und der Dringlichkeit schnell Maßnahmen und Entscheidungen getroffen werden. Nur weil in der Klimakrise nicht täglich Zahlen in die Höhe schnellen oder deutlich aufgezeigt wird, wie viel Regenwald beispielsweise gerodet wird, heißt das nicht, dass wir die Zeit haben, abzuwarten. Auch hier müssen Maßnahmen, Gesetze und Gelder her, auf große Reden endlich Taten folgen. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass es möglich ist, alles daran zu setzen, eine solche Krise zu überwinden. Wir können, wenn wir es nur wollen. Nun gilt es diese Möglichkeiten auch für die uns wahrscheinlich größte bevorstehende Krise zu nutzen. Im Interview mit Klimafakten.de sprach auch einer der Gründer des Wiener Sozialforschungszentrums SORA, Christoph Hofinger, über die Lehren, die wir aus der Corona-Krise mitnehmen sollten. Er macht deutlich, dass nun auch in der Klimakrise gehandelt werden müsse: „Bisher hieß es in der öffentlichen Debatte immer wieder, die Politik würde nichts zustande bringen, alles zerreden – und wenn überhaupt, dann ließe sich lediglich an kleinen Schrauben drehen. Das widerspricht jedoch den aktuellen Erfahrungen unserer Gesellschaften. Diese zeigen: Wir können gestalten, wir können Milliardenbeträge mobilisieren.“ Für den Umgang mit der Klimakrise bedeutet das laut Hofinger, dass es keine Ausreden mehr fürs „Nichthandeln“ gibt: „no more excuses“.3
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(1) https://www.tagesspiegel.de/wissen/corona-rueckblick-teil-1-der-anfang-der-pandemie-als-die-welt-die-gefahr-begreift-ist-es-schon-zu-spaet/26754210.html
(2) https://www.wiwo.de/erfolg/trends/corona-lockdown-wie-verlief-der-erste-lockdown/26853384.html
(3) https://www.klimafakten.de/meldung/was-lehrt-die-corona-erfahrung-fuer-die-klima-krise-es-gibt-keine-ausreden-mehr-no-more
(4) https://www.aerztezeitung.de/Politik/Deutschland-Bundeslaender-im-Vergleich-So-oft-wurde-bereits-gegen-COVID-19-geimpft-415936.html
(5) https://www.tagesschau.de/ausland/klima-un-paris-101.html
(6) https://www.boell.de/de/2020/04/27/warum-staaten-der-coronakrise-handeln-und-der-klimakrise-nicht
(7) https://www.deutschlandfunk.de/konkurrenz-um-aufmerksamkeit-wie-sich-corona-auf-die.724.de.html?dram:article_id=486774
(8) https://www.klimafakten.de/fakten-statt-behauptungen/fakt-ist
(9) https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/corona-und-klima-wie-natuerliche-krisen-der-politik-die-grenzen-aufzeigen-a-e7f21603-6e61-4e57-bd3c-8cc83634587a