Interview
Lena: Liebe Ina, schön dass du dir die Zeit nimmst für unser Interview zum Containern. Gleich mal zum Einstieg die Frage: Was ist das Containern überhaupt?
Ina: Containern wird auch Mülltauchen oder Dumpstern genannt. Das bedeutet, dass man Müll aus den Containern von Supermärkten rausnimmt und die Lebensmittel, die der Supermarkt nicht mehr verkaufen kann mitnimmt. Das können braune Bananen sein, harte Brötchen oder kaputte Eier.
Lena: Das hört sich so an als ob du schon mal containert hättest. Wie hast du dazu gefunden?
Ina: Ich denke meistens ist es so, dass man jemanden kennt, der das schonmal gemacht hat – und so war es auch bei mir. Da hat man einfach die Sicherheit, wenn man mit jemandem unterwegs ist, der das schonmal getan hat und merkt auch direkt worauf man achten muss und das ist dann gar nicht so schlimm oder aufregend wie man vielleicht am Anfang denkt.
Lena: Hast du Tipps für Menschen, die das erste Mal Containern? Gibt es Dinge, die man unbedingt beachten muss? Und wie findet man überhaupt geeignete Container?
Ina: Man muss entweder selbst auf Suche gehen und einfach mal hinter die Supermärkte schauen. Mittlerweile sind aber immer mehr Container abgeschlossen, das ist ein großes Problem. Oder man erfährt gute Orte über Bekannte, die sowas machen.
Worauf man achten sollte: Es ist ganz wichtig, dass man beim Containern niemanden verärgert, man ist leise, man lässt keinen Schmutz hinter sich und räumt alles auf! Nur dann tolerieren das auch die Läden.
Außerdem muss man sich auf jeden Fall vorbereiten. Man sollte Tüten mitnehmen oder z.B. auch Eierkartons, falls man Eier findet. Man sollte sich Einmalhandschuhe einpacken – manchmal kann es auch eklig sein. (lacht)
Wenn man nachts unterwegs ist dann ist eine Stirnlampe sehr praktisch.
Lena: Hast du schonmal schlechte Erfahrungen gemacht beim Containern?
Ina: Wenn man Abends unterwegs ist und man sieht dann weit entfernt eine Streife, dann wird es schon sehr sehr aufregend. Aber mir ist noch nie was passiert. Ich kenne auch keine Personen, die schonmal Kontakt mit der Polizei oder Ladenbesitzer*innen hatten.
Lena: Was war deine beste Beute bisher beim Containern?
Ina: Puh – meine beste Beute? (lacht) Häufig war es einfach eine riesen Bandbreite an Sachen – ein ganzer Regenbogen. Was ich zum Beispiel krass fand: wir hatten mal 80 Eier. Ich habe davon keine Eier gegessen aber das fand ich eine ordentliche Beute. Und sowieso wenn eine große Vielfalt an Obst und Gemüse da ist.
Lena: Da du gerade von Eiern sprichst – gibt es Grenzen bei dir, welche Lebensmittel du vielleicht nicht essen würdest?
Ina: Ja klar. Also wenn schnell verderbliche Lebensmittel aufgebläht sind, sollte man die auf gar keinen Fall essen. Man muss im Sommer sehr vorsichtig sein. Im Winter ist es super, da sind sie Sachen im Container genauso kalt wie im Kühlschrank und im Sommer sollte man auf jeden Fall vorsichtig sein und generell nichts mit Schimmel essen. Wie beim Foodsharing auch, sollte man immer den Sinnestest machen: Riechen, Schmecken und Sehen. Ich persönlich esse kein Fleisch aber ich kenne viele, die das auch gegessen haben. Da muss man vorsichtig sein, aber es geht.
Lena: Wie sieht denn die Rechtslage beim Containern aus? Ist das erlaubt?
Ina: Das Containern ist mittlerweile offiziell illegal und kann bestraft werden. Man kann wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl drankommen. Es gibt aber auch Betriebe, die das tolerieren. An sich weiß man natürlich nie sicher, wie die Betriebe reagieren und ob eine Anzeige aufgenommen wird oder nicht, falls man erwischt wird. Es gibt auch Container-Fälle, die vor Gericht gegangen sind – zum Beispiel der von Caro und Franzi, der auch sehr viel mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Der Fall ist über die verschiedenen Instanzen bis vors Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegangen sind und hat dort leider eine Niederlage erlebt. Ich sehe das aber trotzdem als Erfolg, weil viel Aufmerksamkeit auf das Thema Containern gelenkt wurde. Zum Beispiel hat Statista eine Umfrage durchgeführt und die meisten Menschen sind dafür, dass das Containern legalisiert wird. Nur 8% der Befragten sind auf gar keinen Fall dafür. Gute 65% waren dafür, dass es sofort legalisiert wird.
Lena: Was würdest du dir für die Zukunft wünschen? Was sollte sich ändern an der Rechtslage?
Ina: Als erstes sollte das Containern legalisiert werden.
Als zweites sollten Maßnahmen getroffen werden, die Supermärkte motivieren weniger Lebensmittel in diesen Zustand zu bringen, dass sie weggeworfen werden müssen.
Lena: Noch eine abschließende Frage: Hättest du einen Tipp für die Personen, die das Containern generell unterstützenswert finden, das Risiko aber selbst zu groß finden?
Ina: Ja da hätte ich sogar zwei Tipps. Zum Einen beim Einkaufen einfach darauf achten, dass man auch die Banane mit der Macke noch kauft, die vielleicht schon ein bisschen braun ist, oder auch nicht immer die Sachen aus dem Regal zieht, die ganz hinten sind sondern einfach die von Vorne nimmt.
Eine weitere Sache die jede und jeder tun kann und worüber ich mich freuen würde wenn das möglichst viele tun, ist eine die Unterzeichnung einer Petition. Sie heißt „Containern ist kein Verbrechen“ und fordert unter anderem das Containern zu legalisieren.
Quellen:
Legalisierung von Containern in Deutschland 2020 | Statista [06.02.2022]
Containern ist kein Verbrechen! Wir brauchen eine Gesetzesänderung! | WeAct (campact.de) [06.02.2022]